Text Ronja von Rönne (D)

Ronja von Rönne liest auf Einladung von Hubert Winkels. Ihr Text trägt den Titel „Welt am Sonntag“. Sie finden hier den ersten Absatz des Textes, der weitere Text ist als .pdf abrufbar.

Ich wache auf und mir ist schlecht, das klingt immer so harmlos, nach Ausrede von dicken Mädchen im Sportunterricht, aber wirkliche Übelkeit ist die Hölle. Irgendeine Substanz hat mich am Abend in winzige, unappetitliche Häppchen zerlegt. Ich liege auf dem Hotelbett, passiv-aggressiv bricht die Februarsonne herein. Die Vorhänge müssten zugezogen werden, aber in meinem Zustand gestern habe ich es wohl nicht geschafft, mir jemanden dafür zu organisieren.

Vom Bett aus komme ich nicht ans Fenster. Aufstehen unmöglich, sterben unausweichlich, ich greife nach dem Telefon auf dem Nachttisch. Es beruhigt mich, dass es da steht, denn offensichtlich steht es genau deswegen neben dem Bett, damit man im Liegen telefonieren kann, ich bin also nicht der einzige Mensch, der hier mit Übelkeit erwacht, irgendwie haben es die verkaterten Gäste vor mir auch wieder aus dem Hotel
geschafft. Andererseits, vielleicht sind sie auch hier gestorben. Gott, sicher ist hier schon mal jemand gestorben.

Der ungekürzte Text

IBP 2015 Text Ronja von Roenne
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