TDDL 2015 eröffnet
Klagenfurt sei wieder „unwidersprochener Nabel der literarischen Welt“ und eigentlich sei nichts Außergewöhnliches mehr am Wettbewerb angesichts der Tatsache, was sich bereits im Vorfeld an außergewöhnlichen Dingen ereigne, sagte Moderator Christian Ankowitsch bei der Eröffnung. In Zeiten, in denen das „Diktat zu sparen, zu sparen und zu sparen“ gelte, sei ein Wettbewerb wie der Bachmann-Preis keineswegs selbstverständlich. Literatur und Kultur seien kein Luxus, „sondern unverzichtbares Grundnahrungsmittel von Geistesmenschen“, so Ankowitsch.

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Klaus Paier und Asja Valcic mit ihrer „Euro-Jazz“-Darbietung beim Bachmannpreis-Eröffnungsabend
„Schlangenbeschwörerhaft“ appellierte der Moderator an die Verantwortlichen, den Bachmann-Preis auch über sein 40-jähriges Jubiläum im nächsten Jahr hinaus weiterbestehen zu lassen. Ausgelost wurde zur Eröffnung auch die Reihenfolge der Lesungen.
Zahlreiche Neuerungen
Heuer ist das Feld der Preisanwärter besonders dicht, zehn weibliche und vier männliche Autoren nehmen teil. Zudem gibt es drei neue Juroren, einen neuen Juryvorsitzender und auch den BKS-Publikumspreis. Vorgestellt wurde auch die neue Moderatorin des 3sat-Begleitprogrammes, FM4-Lady Zita Bereuter.

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Einige der Autoren bei der Eröffnung der 39. TDDL
Der biographische Hintergrund der Teilnehmer lese sich wie „konkrete Poesie“. Moderator Ankowitsch: „Vier Autoren zählen sich zu Österreich, vier zu Deutschland, einer zur Schweiz, zwei zu Deutschland und der Schweiz. Eine zu Deutschland und Rumänien, eine zu Deutschland und Russland und einer zu Deutschland und Österreich. Sie sehen, die Verhältnisse sind kompliziert.“

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Moderator Christian Ankowitsch
Eröffnungsrede von Peter Wawerzinek
„Tinte kleckst nun einmal“ ist der Titel der diesjährigen Eröffnungsrede von Peter Wawerzinek, dem Bachmann-Preisträger 2010.

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„Ich erblickte in Klagenfurt das Licht der Welt“ hieß es vom Autor, der in seiner „Klagenfurter Rede“ die Bedeutung des Bachmann-Preises und der Stadt Klagenfurt für die Anerkennung seiner eigenen Arbeit als Schriftsteller unterstrich. Angesichts dieser starken Verbindung ersucht er auch augenzwinkernd in der gebundenen Ausgabe seiner Rede, ihm möge doch die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen werden - mehr dazu in Tinte kleckst nun einmal

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„Redner“ Peter Wawerzinek
„Es kommen härtere Tage“
Landesdirektorin Karin Bernhard begrüßte neben den Mitgliedern der Jury, den Autoren und Ehrengästen namentlich eine Anwesende im Publikum: Ulrike Fink, die Witwe des Bachmannpreis-Mitbegründers Humbert Fink, ohne den der Bachmann-Preis gewiss ein anderes Gesicht hätte.

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ORF-Landesdirektorin Karin Bernhard
Es kämen härtere Tage, sagte Bernhard dann in ihrer Eröffnungsrede. Diese hätten schon vor zwei Jahren begonnen, als der Bachmann-Preis vor seiner Abschaffung gestanden sei. Gemeinsam mit 3sat und Partnern habe man es geschafft, den Wettbewerb weiterbestehen zu lassen. „Das Land erlebt eine schwere Finanzkrise, alle müssen sparen, aber das hat uns zusammengeschweißt“. Und: „Frauen halten zusammen“. Deshalb habe auch die neue Bürgermeisterin der Stadt Klagenfurt, Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ), zugesagt, den Wettbewerb weiter zu unterstützen. „Wir sind mitten drin in den beinharten Tagen, aber wir dürfen uns freuen, auch wenn die Feste eher bescheiden ausfallen. Der Geist von Klagenfurt hält das aus“, so Bernhard.

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ORF Kärnten-Chefredakteur Bernhard Bieche, Ulrike Fink (vorne rechts)
Für die Zukunft des Bewerbes sehe es aber gut aus, der ORF stehe hinter dem Bewerb, betonte Bernhard auch im Vorfeld der Eröffnung am Mittwoch: „Generaldirektor Alexander Wrabetz steht hinter dem Preis, das hat er vor zwei Jahren gezeigt. So hoffen wir, dass wir auch den 40. Bewerb im nächsten Jahr veranstalten können.“

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Das ORF-Theater in Klagenfurt war bei der Bachmannpreis-Eröffnung bis zum letzten Platz gefüllt.
Die Liveübertragung von Literatur via ORF und 3sat sei weltweit einzigartig, vielleicht ein Meilenstein für die Autoren „und die Literatur bekommt Öffentlichkeit“, so Bernhard weiter. In diesem Sinne sei der Bachmann-Preis „unverzichtbar für und die gesamte deutschsprachige Literaturwelt.“
Bürgermeisterin legte Bekenntnis zum Wettbewerb ab
Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz betonte außerdem: „Die Stadt steht hinter dem Bachmann-Preis“ - woraufhin Moderator Christian Ankowitsch dafür plädierte, eine „kleine Liste“ derer zu führen, die ein Bekenntnis zum Wettbewerb abgelegt hätten - um sie damit quasi festzunageln. Mathiaschitz erinnerte außerdem an den ersten Wettbewerb vor 39 Jahren, der damals noch im Klagenfurter Stadthaus stattfand und Gert Jonke, den allerersten Bachmannpreis-Träger.

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Bürgermeisterin Maria Luise-Mathiaschitz
3sat-Koordinator: Verzicht auf Reizüberflutung
3sat-Koordinator Reinhard Scolik lobte in seiner Rede die durch den Bewerb geschaffene Möglichkeit für die Literatur, „zu sich selbst zu kommen“. 3sat sei als einziger grenzüberschreitender Kultursender „stolz darauf“ einem breiten Publikum die Literatur auf diese Weise näher bringen zu können. Er dankte auch dem Kooperationspartner ORF für die gute Zusammenarbeit. Schon die Erfinder des Wettbewerbes hätten darauf geachtet, dass alles „fernsehgerecht“ passiere. Der „besondere Dreh“ der Veranstaltung sei es, dass live gelesen, diskutiert und mit Preisen ausgezeichnet werde. Eine „besondere Melange“, die eine eigene Psychodynamik schaffe.

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3sat-Koordinator Reinhard Scolik
„Anachronistisch“ am Bewerb sei in der heutigen Zeit aber auch, dass man Menschen beim Lesen zuschaue und damit eigentlich nur zuhören müsse. Der bewusste Verzicht auf Reizüberflutung sei heutzutage „ein Luxus und ein Genuss“, den man sich einmal im Jahr leisten solle. Scolik: „Literatur gibt der Seele Nahrung, bessert und tröstet sie - ich hoffe wir kommen alle genährt, gebessert und getröstet aus Klagenfurt zurück.“

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Jurymitglieder Juri Steiner, Hildegard E. Keller, Hubert Winkels
Landeshauptmann liest Simone de Beauvoir
Moderator Christian Ankowitsch interviewte auch Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) und fragte nach seinem Lieblingsbuch? Die Antwort: Simone de Beauvoirs „Alle Menschen sind sterblich“. In Zeiten knapper Kassen sei er sich der Probleme der Kulturschaffenden bewusst, sagte Kaiser: „Man bekommt es zu wenig gut hin“. Kaiser sah „berechtigte Kritik aus den Kulturkreisen“. "Es wird aber immer Mittel und Wege geben, etwas umzusetzen, das vielen wichtig ist“, so der Landeshauptmann.
Wirtschaft will Gesellschaft etwas zurückgeben
Bei aller „öffentlich-rechtlichen Begeisterung“ sei der Bachmann-Preis ohne Hilfe aus der Wirtschaft nicht durchführbar, betonte Ankowitsch. Herta Stockbauer, Vorstandsvorsitzende der Bank für Kärnten und Steiermark (BKS), sagte, die Bank wolle als Sponsor der Veranstaltung der Gesellschaft „etwas zurückgeben“. Die Bank wurde vor hundert Jahren in Kärnten gegründet und – in Anlehnung an das Bachmann-Zitat „Ich weiß keine bessere Welt“ – unterstrich Stockbauer, dass es für sie keinen Ort gebe, an dem es sich besser lebe als Kärnten.

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Jürgen Ellensohn, Werner Pietsch, Herta Stockbauer
KELAG-Marketingleiter Werner Pietsch betonte, dass Literaturförderung für die KELAG einen prominenten Stellenwert einnehme. Dies würden auch die zahlreichen Projekte auf diesem Gebiet belegen, die von der KELAG unterstützt würden – darunter auch der Junior-Bachmannpreis, KELAG-Erlesen im Musil-Haus und nicht zuletzt der Ingeborg-Bachmann-Preis selbst.
Julius Meinl-Marketingleiter Jürgen Ellensohn sagte, heuer gebe es erstmals die Möglichkeit, im Rahmen der 39. Tage der deutschsprachigen Literatur den im Funkhauspark angebotenen Kaffee mit Poesie zu bezahlen. Wie genau, bleibe der Interpretation der Gäste überlassen, so Ellensohn.

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Bachmann-Preis Koordinator Horst Ebner und Zita Bereuter
Das Programm der kommenden Tage
Am Donnerstag beginnen um 10.00 Uhr die Lesungen. Zehn Autorinnen und vier Autoren lesen von Donnerstag bis Samstag beim Literaturwettbewerb aus bisher unveröffentlichten Texten – mehr dazu in bachmannpreis.ORF.at.

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Das Bühnenbild - inspiriert von einem weißen Blatt Papier - wurde vom technischen Leiter des Landesstudio Kärnten, Klaus Wachschütz, gestaltet
Fünf österreichische Teilnehmer sind beim Wettlesen um den Bachmann-Preis in Klagenfurt mit dabei: die Klagenfurterin Anna Baar, die in Wien lebende FALKNER, die Grazerin Valerie Fritsch, die Linzerin Teresa Präauer und der aus Kärnten stammende, in Berlin lebende Peter Truschner.

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Bachmannpreis 2014-Gewinner Tex Rubinowitz ist seit Jahren bei den TDDL zu Gast
Die Schlussdiskussion der Jury unter dem neuen Vorsitz von Hubert Winkels sowie die Vergabe der Preise finden am Sonntag statt. Mit vier Preisen wird heuer eine Auszeichnung weniger als in den vergangenen Jahren vergeben. Hauptpreis ist der mit 25.000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis, den im vergangenen Jahr Tex Rubinowitz gewann.
Live im Internet und auf 3sat
Das Wettlesen wird wie jedes Jahr live auf 3sat übertragen. Auch auf bachmannpreis.ORF.at werden die Lesungen live übertragen, weiters finden Sie alle Texte und Diskussionen zum Nachlesen.