Text Astrid Sozio - D

Astrid Sozio liest auf Einladung von Juri Steiner den Text „Das verlassenste Land“. Sie finden hier den ersten Absatz des Textes, der weitere Text ist als .pdf abrufbar.

Die Nächte waren das einzige. Alles andere machte mir nichts. Vierzehn Zimmer allein, das war Knochenarbeit. Aber Knochenarbeit hab ich mein Leben lang geleistet.
Und hab dabei nie viel von irgendwas gebraucht. Mit einer Tasse Kaffee kam ich bis zum Abend aus, bisschen Zucker drin oder ein Schluck Eierlikör, das reichte. Meine Mutter und ich hatten ganze Winter mit einem einzigen Sack Kartoffeln überlebt. Eine Kartoffel am Tag und wenn‘s wärmer wurde ein Klacks Löwenzahngemüse dazu. Mir fehlte nichts. Außer Schlaf. Aber in einem Hotel muss man früh raus, dafür sorgte Gertrud schon.
Dann war ich plötzlich allein und hätte so lange schlafen können wie ich wollte – und war wach. Jede Nacht. Lag wach und wünschte mir, dass die Nacht endlich vorbei ging. Dass sich draußen wieder was bewegte. Und wenn‘s ein Zigeuner wär.

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