Urs Mannhart, Pferde, Hund und Wolf

Urs Mannhart betreibt für seine Reportagen und Romane ausführliche Recherchen. Auf Einladung von Michael Wiederstein las er „Ein Bier im Banja“, in dem auch Pferde, ein Hund und ein Wolf vorkommen. Ein Text, der laut Klaus Kastberger Vladimir Putin gefallen würde.

Der Text schildert die zurückhaltende Bescheidenheit der Protagonistin Assjel in der Beziehung zu ihrem vermeintlich verständnisvollen Ehemann Asamat. Er leiht ihr häufig sein Telefon und erlaubt ihr, ein Bier im Bad zu trinken. Neben dieser Hauptgeschichte gibt es noch andere Erzählstränge. Als Verbindungsglieder fungieren Pferde, ein Hund und ein Wolf. Das Resultat ist ein Text über animalisches Verhalten und patriarchalische Verhältnisse.

Urs Mannhart

ORF/Johannes Puch

Gmünder fühlt sich an Steinbeck erinnert

Stefan Gmünder fühlte sich an Steinbecks „Von Männern und Mäusen“ erinnert. Der Text sei klar strukturiert. In den Überbau von Abenteuerlichkeit sei ein anderer Strom eingebaut, der Einblick in eine Welt von Menschen gebe, die offenbar stärker werden. Der Text habe ihn sehr gut gefallen, „meinen Geschmack hat er getroffen“.

Sandra Kegel verdeutlichte, was der Text alles beinhalte. Darin seien zwei Welten vorhanden, das Geschehen sei in Kirgistan angesiedelt, aber dort gibt es Internet und arbeitende Frauen. Der Beobachter würde nur erzählen, ohne eine Haltung einzunehmen. Der Text sei in der Beschreibung einfach, „manchmal geht es mir zu sehr in Richtung Fototapete“, dennoch seien die zwei Systeme, die aufeinander prallen, beachtenswert.

Tag 3 Kastberger

ORF/Johannes Puch

Kastberger: Würde Putin gefallen

Klaus Kastberger meinte endlich zu verstehen, was für eine Welt Jurykollege Michael Wiederstein, der Mannhart nach Klagenfurt eingeladen hatte, gefallen würde. Daraufhin sagte er: „Ich hab meine größten Schwierigkeiten mit diesem Text.“ Das begründete er damit, dass ihm Distanzierung fehle, der Text sei dadurch ununterscheidbar von Wolfsgeschichten aus dem 19. Jahrhundert oder von Peter Rosegger. In Zusammenhang mit diesem Text falle ihm Vladimir Putin ein, dem dieser Text „vermutlich gefallen“ würde.

„Vormoderne Fassung von Wrays Text“

Winkels meinte, es gehe zunächst um Wölfe und Männer in Anlehnung an die Moderne. Die Beziehung zu Wölfen, wie sie hier dargestellt ist, sei uns nicht nachvollziehbar. Es werde erzählt, man müsse sich vor dem Wolf schützen. Die Geschichte sei aber nicht ironisch erzählt. Insgesamt müsse man den Text im Kontext vollkommen anderer Texte sehen. In seinen Augen sei es „ein bisschen eine vormoderne Fassung von Wrays ‚Madrigal‘“, es gebe ein „Ineinanderschleichen“ verschiedener Geschichten. In Bezug auf Mannharts Erzählung sagte er, „das Modernste daran ist, dass sie hier gelandet ist“.

„Wagt sich in andere Welten vor“

Michael Wiederstein bezog sich zunächst auf Franzobels Eröffnungsrede und zitierte ein paar Stellen daraus. Mannharts Text sei ein Beweis, dass Franzobels Aussagen stimmen. Das sei „Literatur für das, was passiert“. „Ein Bier im Banja“ würde sich in andere Welten vorwagen. Er finde es interessant, „wie oberflächlich Kastberger das gelesen hat, es ist ja auch schon spät“. Der Text sei einfach erzählt, „wie so eine Art Tiefenbohrung durch die Schichten der Geschichte“.

Hildegard Keller stimmte nicht mit Wiederstein überein. „Mannhart kann schreiben, das ist keine Frage. "Er zeigt sein Talent in der Reduktion“, doch das Möbiusband, das Winkels darin fand, sehe sie nicht, auch die Verbindung zu Wray konnte sie nicht nachvollziehen.

Jurydiskussion Maxi Obexer Winkels Feßmann

ORF/Johannes Puch

Hubert Winkels und Meike Feßmann

„Archaische Männergeschichte“

Meike Feßmann meinte, es sei „bestimmt keine ironische Geschichte“, sondern eine „archaische Männergeschichte“, die sie dennoch interessiert habe. Im Text zeige sich, dass die Welt sich nicht überall gleich schnell entwickeln würde. Gegen Ende ihres Kommentars mutmaßte sie, in den vergangenen Tagen sei deutlich geworden, dass viele Männer einen Hang zum ursprünglich Patriarchalischen hätten, während die Frauen einen theatralisch-ironisierenden Zugang suchten.

Gmünder entgegnete, es gehe in Mannharts Text durchaus um einen Kampf, die Geschlechterfragen würden im Untergrund lauern.

An Kastberger gewandt räumte er ein, dass er außerliterarische Anspielungen auf gegenwärtige Politiker für unangebracht halte. Abschließend erwähnte er noch Hegels Zitat „Kunst ist zum Leben da“. Das sehe er nämlich in diesem Text und deshalb möge er ihn.

Link: