TEXT Jakob Nolte (D)

Jakob Nolte liest den Text „Tagebuch einer jungen Frau, die am Fall beteiligt war“ auf Einladung von Hubert Winkels. Sie finden hier einen Auszug des Textes und den gesamten Text zum Nachlesen im .pdf-Format.

Aus irgendeinem Grund verbrennen die Bauern oder Fischer, die hier leben, nachts oft große Mengen Holz. Diese Feuer sehen wunderschön und etwas bedrohlich aus. Das, das ich gesehen habe, war zwei oder drei Meter hoch und kokelte die Palme, unter der es loderte, etwas an. Erst dachte ich, dass die Blätter der Palme vielleicht geröstet werden sollten. Aber dann fiel mir kein Grund dafür ein, warum. Das Autoradio eines Pickups spielte eine klagenvolle Ballade, in der sowohl von einem corazón wie von einem cuchillo die Rede war, was Messer heißt, eine Vokabel, dessen phonetische Nähe zu cuchara (Löffel) mir beim Lernen große Schwierigkeiten bereitet. Dennoch erschien mir der Moment als still. Was ich im Nachhinein auf den klaren Sternenhimmel zurückführen würde. Beschreibungen des Sternenhimmels sind schwer. Ich bin zu dem Wort kristallin geneigt, obwohl mir das zu sehr nach Kälte klingt. Und in einer Beschreibung des Sternenhimmels als kristallin schwingt dann die Kälte des Universums mit, was wirklich nicht passte. Der Himmel hatte eine ungeheure Tiefe. Wer techaffine Vergleiche mag, könnte sagen, dass er hoch aufgelöst wirkte, aber dabei geht das Weiche abhanden, das den Anblick ausmachte. Es war eine geschmeidige Schärfe, in der sich der Himmel und die darin stehenden Sterne an diesem Abend zeigten, die jegliche Form von Lautstärke in Zweifel stellte.

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IBP 2018 TEXT Jakob Nolte Tagebuch einer jungen Frau
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