Jurydiskussion Stephan Groetzner

Stephan Groetzner kam auf Einladung von Stefan Gmünder nach Klagenfurt. In seinem Romanauszug „Destination: Austria“ werden abwechselnd zwei Protagonisten in zwei Moldauer Städten vorgestellt. Die Jury zeigte sich zurückhaltend begeistert.

Die Motive und Themen des Textes reichen von Fischen und der Wahl zur Hanfkönigin bis zu Wirtschaft und Politik.

Die zweite Diskussion des letzten Lesetages leitete nach anfänglicher Zurückhaltung der Juroren Insa Wilke ein. Es sei eine „sehr schöne Parodie auf die Situation hier. Wir sind quasi hier Hanfbauern, andere tragen das Gemüse.“ Sie mochte die verschiedenen Parodien. Man könne eine Wettbewerbssituation erkennen, eine James-Bond-Parodie, die Umkehrung von Machtverhältnissen, die sie ansonsten aus dem Afro-Futurismus kenne. Verschiedene Stoffe und Verhältnisse werden hier in ihren Augen in einer „Ineinanderdrehung“ zusammengefasst und parodiert.

Insa Wilke tag 3

ORF/Johannes Puch

Insa Wilke

Gomringer: Wie bei Dr. Seltsam

Michael Wiederstein stellte eine Fülle an Anspielungen, einen „Steinbruch von Verweisen und Ideen“ fest. Interessant sei das Zusammenspiel von „Außen und Innen“. Von außen kommen seiner Meinung nach alte Sowjetpropaganda, kommunistische Gefährder, die Ideologien verbreiten, innen habe man es mit österreichischen Süßspeisen zu tun, derer sich die Leute vergewissern und Identitäten suchen. Er habe die Gemengelage so gesehen, dass der Zustand einer Gesellschaft beschrieben werde. Auch das Publikum habe gespürt, das verhalten gelacht habe, da es um die eigene Heimat geht.

Nora Gomringer fand, dass man sich „sprachlich ertappt“ fühlt. Die Präzision sei, „was so lachen macht“, der Text sei eine „Präzisierungsmaschinerie“, das gefalle ihr sehr gut. „Zum Glück“ seien da „ganz klare Bilder“. Der Text sei sehr beeindruckend gefertigt, „ich komme mir vor wie bei ‚Doktor Seltsam‘.“

Gmünder Winkels tag 3

ORF/Johannes Puch

Gmünder, Winkels

Winkels: Ein bisschen wenig

Hubert Winkels gab zu, er kannte die erwähnte Provinz in Moldawien nicht. Die Schilderung habe etwas von „Borat“, dem Film von Sacha Baron Cohen, hier sei jedoch das Heikle weggelassen worden. Austria als Klischee-produzierender Pool, die Weltmaschine und andere Elemente empfand er als wichtig für die Parodie. Der Text bleibe „in der plakativen Aufnahme der Elemente“ stecken und mache sie zum Spaß, das sei nicht schlecht, aber „ein wenig wenig“.

Hildegard Keller freute sich darüber, dass so ein Autor hier lesen und den Brabantbuntbarsch lancieren könne, wobei ihr ein Lapsus beim Erwähnen des Fisches unterlief und sie damit die Leute im Saal erheiterte. Sie stellte fest, man sei hier in einer Groteske, wo die Literatur als Fortsetzung der Unterhaltung mit anderen Mitteln weitergeführt werde. Natürlich nehme der Text auch auf den Bachmannpreis Bezug. Zu Hause habe sie den Text „heller, buntbrabantarschiger“ gelesen, durch die Lesung bekam er eine andere Atmosphäre. „Clownartig“, aber auch nachdenklich.

„Stark in Klischees“

Klaust Kastberger sagte, „dieser Text ist blöd. Was ihn rettet ist, dass er blöd sein will“. Der Text gehe zu stark in Klischees, die Struktur sei ihm viel zu simpel. Auch dieser Text, wie andere Texte der diesjährigen Tage der deutschsprachigen Literatur, basiere auf einer Drogenerfahrung und zwar einer Drogenerfahrung namens Österreich. Er gestehe gerne zu, dass man das in Berlin oder Zürich spaßig finden könne. Es freue ihn, wenn fremde Gäste an solchen Texten Gefallen finden. Mit seiner Sicht auf Österreich habe es aber wenig zu tun. Man könne am Nachmittag auch einen Ausflug zu Gsellmanns Weltmaschine machen. Keller bekräftigte, es sei eine Persiflage, Kastberger hinterfragte aber, „wen außer uns“ das interessiere.

Klaus Kastberger

ORF/Johannes Puch

Klaus Kastberger

Gmünder: Trick kann man mögen oder nicht

Stefan Gmünder war teilweise bei Kastberger, natürlich sei es ein Trick, das könne man mögen oder nicht. Das Groteske müsse man aber nicht persönlich nehmen. Er habe den Text als schön gelesen. Er sei eigentlich fundierter. Gmünder meinte, der Text ziehe sich immer wieder am eigenen Schopf und er hat den Text „gern gelesen“.

Wilke fand die Mittel der Komik einfach, aber gerade die seien oft effektiv. Der Text sei nicht so harmlos, wie er klingt, und sei bösartig. Er beinhalte einen „Angriff, den man nicht unterschätzen sollte“.

Christian Ankowitsch fasste die Diskussion wie folgt zusammen: eine Präzisierungs- und Wundermaschine, ein Sprachtritt und ein Angriff, den man nicht unterschätzen sollte.